Mut wird in der Regel belohnt!
Heute habe ich eine sehr interessante Gesprächspartnerin für Sie und dabei gleich meine ersten Interviewerfahrungen gesammelt. Freuen Sie sich auf Anke Viehl, Referentin für Messen und Umfeld-Management bei der Süwag Energie AG. Erfahren Sie, wie Anke Viehl der Krise in der Pandemie getrotzt hat und mit kreativen Ideen neue Wege gegangen ist, wie sie in ihrem Tun an Dankbarkeit und Mitgefühl erinnert wurde. Lassen Sie sich, ebenso wie ich, von ihrem Sprach-Temperament begeistern, auch wenn Sie hier keinen Podcast hören. Erfahren Sie, wie sie es geschafft hat, nicht nur ihren Job in der Markenkommunikation neu zu erfinden, sondern zudem sich selbst und wie sie einen großen Anteil an mehr Wertschätzung und Anerkennung auf eine ganz besondere Weise in ihr Unternehmen transportiert hat.
Anke Viehl sprüht förmlich vor Begeisterung, wenn sie von ihren neuen Projekten spricht. Ihr Erzähltempo ist nicht zu bremsen. Sie gibt uns Einblicke in ihre neuen Aufgaben, spricht über eigene Stärken und Schwächen und vor allem über das, was so vielen Unternehmen fehlt: Achtsamkeit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihre Idee bietet jede Menge Potenzial, über das es sich – vielleicht auch für Sie – lohnt, einmal nachzudenken. Gerade in Krisenzeiten kann es immer wertvoll sein, sich an seine eigenen Talente und Fähigkeiten zu erinnern.
Interview mit Anke Viehl, Süwag Energie AG, Markenkommunikation, Referentin für Messen und Umfeld-Management. Die Süwag Energie AG ist ein Energieunternehmen mit rd. 1.800 Mitarbeiter*innen. Es ist in vier Bundesländern tätig: Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und in Bayern.
Frau Viehl, im März 2020 sind Sie durch die Corona-Pandemie in Ihrer Position als Referentin für Messen- und Umfeld-Management bei der Süwag heftig durcheinander gerüttelt worden. Wollen Sie zunächst einmal erzählen, was Ihre Aufgabe im Unternehmen bis dahin war und wie Sie diese Erschütterung wahrgenommen haben?
Es war eine ganz besondere Zeit. Der März 2020 hat mich insofern getroffen, da ich normalerweise für Messen und Veranstaltungen, Gewerbeschauen, Großmessen für Business-Kunden und auch für die Ausbildung– und Karriere– Messen tätig bin. Ich bin für die logistische Vor- und Aufbereitung und die Anmeldemodi zuständig und begleite die Messestände bis sie am Messetag freigegeben werden. Wie Sie schon merken, ich habe viel mit Veranstaltungen zu tun. Mein Arbeitsbereich ist zu einem großen Teil zusammengebrochen. Ich habe mich dann die ersten zwei Monate mit der Rückabwicklung von Messeterminen beschäftigt. Danach musste ich mich erst einmal neu sortieren und musste mich auf diese neue Situation einstellen, bis ich gesagt habe: „Komm‘ ich mache das Beste daraus.“
Bei meinen morgendlichen Spaziergängen mit dem Hund habe ich regelmäßig Motivationsvideos aus dem Wald an unser Team geschickt. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, was meinen Aufgabenbereich betraf. Mit der Süwag habe ich jedoch einen sehr wertvollen und sicheren Arbeitgeber an meiner Seite und so konnte ich mich vertrauensvoll an neue Aufgaben heranwagen. Wäre ich selbständig gewesen, weiß ich nicht, ob ich das geschafft hätte.
Sie sind mutig vorangeschritten, höre ich da heraus?
Ja, Mut wird in der Regel belohnt. Zumindest wieder mit einer Entscheidung, so ist meine Lebensphilosophie. Ich denke mir, nein sagen kann man immer und es gibt immer andere die es besser wissen, aber dazu muss man dabei gewesen sein und mitgemacht haben. Jeder hat letztendlich die Chance mutig zu sein. Es hat mich viel Energie gekostet, auch wenn ich grundsätzlich ein positiv denkender Mensch bin. Zwischenzeitlich gab es Zeiten, in denen ich sehr demotiviert war und hatte ein „Hängerchen“, das gebe ich gerne zu. Dann bin ich in den Wald gegangen und habe mich auf einen Stein gesetzt und geweint. Tief durchgeatmet und gedacht, probiere es jetzt einfach, mache weiter. Das kostet Kraft!
Wann war der Punkt, an dem Sie gedacht haben, jetzt muss etwas passieren?
Das kam relativ zeitnah. Im April/Mai ist normalerweise unsere Hochsaison, aber diesmal saßen nahezu alle im Home-Office. Ich habe nach Online- Fortbildungen im Netz geschaut. Die Angebote waren unglaublich vielfältig. Eines der gebuchten Webinare handelte von Podcasts. Das hat mich so angefixt, dass ich in Gesprächen mit meiner Teamleiterin so langsam herausgefunden habe, was für uns im Unternehmen möglich ist.
Sie sind dann irgendwann mit Podcasts gestartet. Erzählen Sie einmal, was haben Sie da genau gemacht?
Mich hat natürlich die Frage umgetrieben, was kann ich jetzt machen? Was kann ich noch leisten? Was vermag ich noch? Ich werde dieses Jahr 56 und ich war mir nicht sicher, ob das noch ein Feld für mich ist auf dem ich mich bewegen kann. Doch ich habe mich schnell auf meine Fähigkeiten besonnen. Ein Video von und mit mir will irgendwann keiner mehr sehen, also war die Sache mit den Podcasts genau meins, denn sprechen kann ich gut!
Schnell ist das erste Konzept entstanden. Wir haben gemeinsam mit der Teamleitung der Unternehmenskommunikation gesprochen, die unsere Idee sofort gut fand und uns einen Platz im Intranet angeboten hat. Daraufhin wurde ein Projektteam zusammengestellt, ein Kollege der digitalen Kommunikation, eine Kollegin aus der Unternehmenskommunikation und ich als Projektleiterin. Jetzt stand dem Start des Projektes „Podcast“ nichts mehr im Wege.
Nachdem wir verschiedene Ansätze evaluiert haben, kamen wir zu dem Schluss, dass wir gerne Kolleg*innen aus der Firma vorstellen wollen. Unser Ziel war es, auf diese Weise mehr Wertschätzung und Respekt füreinander zu entwickeln. Wir wollten zeigen, wie wichtig jeder von uns als Teil dieses großen Unternehmens ist.
Es folgte die Phase des Aufbaus. Ich konnte gestalten und meine Ideen einbringen, ich war sehr glücklich! Endlich hatte ich eine neue Aufgabe gefunden. Zunächst habe ich verschiedene Gesprächspartner*innen vorgeschlagen. Danach habe ich mich mit Schnittprogrammen und Aufnahmetechniken befasst, obwohl ich lieber spontan bin, und ich habe mich mit den „do’s and dont’s“ einer guten Gesprächsführung beschäftigt. Dann sind wir gestartet.
Das heißt, Sie haben in Ihrem Leitfaden Themen, die Sie ansprechen?
Nein, eigentlich nicht. Ich bin an den Menschen interessiert und stelle zum Beispiel Fragen wie: Was macht Ihren Job aus? Was haben Sie bereits erlebt in Ihrer beruflichen Laufbahn? Gibt es Highlights die Sie bewegen? Oder, was war Ihre ganz besondere Herausforderung? Ich frage nach Hobbys und anderen Interessen. Wir haben tausend Menschen, die tolle Hobbys und Freizeitbeschäftigungen haben. Das macht sie ja alle zu ganz besonderen, einzigartigen Menschen.
So bin ich mit den unterschiedlichsten Kolleg*innen zusammen gekommen und habe viel erfahren: ein Kollege ist ehrenamtlich bei der Feuerwehr engagiert, ein anderer spielt in einer Band, einer war Star Wars Komparse, eine Kollegin hat eine aufregende Passüberquerung gemacht und wieder eine andere schreibt Kinderbücher. Auf diese Art und Weise bringe ich die berufliche Herausforderung und die berufliche Wertschätzung zusammen. Sicher werde ich noch vielen tollen Menschen begegnen!
Seit wann machen Sie dieses Podcast-Projekt nun bereits und wie lange dauert ein Gespräch in der Vorbereitung?
In die Planungsphase sind wir im Mai 2020 gestartet und seit Mitte Dezember sind wir on-air.
Es gibt immer zuerst ein Vorgespräch. Das Gespräch selbst dauert ca. 2 Stunden zzgl. Vorbereitung und Nachbereitung. Ich beginne mit dem Einsprechen, damit die Person auch locker wird und wir eine Wohlfühlbasis finden auf der wir uns ganz souverän unterhalten können.
Wie viele Podcasts machen Sie in der Woche?
Wir erscheinen gerade im zwei Wochen Rhythmus, unser Ziel ist wöchentlich. Deswegen arbeiten wir jetzt auch ziemlich intensiv an unseren Zielen. Bis Mai sind wir fertig mit der Vorausplanung. Wir sind in ständigem Ideen-Kontakt mit unserer Team-Chefin und sie lässt uns freie Hand. Das ist schon sehr cool!
Wie groß ist das Interesse der Mitarbeiter inzwischen an einem Interview mit Ihnen, selbst in einem Podcast zu erscheinen?
(Lacht) Das weiß ich nicht genau, bisher hat es niemand so gesagt. Das Interesse an den Podcasts ist jedoch so groß, dass wir ziemlich gute Klickzahlen haben. Das Schöne ist, ich habe auch sehr viele schöne persönliche Nachrichten bekommen, auch Anrufe, wie den von einer Kollegin aus dem Einkauf, die mir gesagt hat: „Du machst das so super und das ist so eine Freude, ich höre dir so gerne zu…“. Es ist schon toll, wenn ich so ein Feedback bekomme.
Zu meiner eigenen Person: Gestern wurde gerade von mir ein schriftliches Special veröffentlicht, über die Fastnacht und was Corona mit meinem Verein* und mit uns gemacht hat. Es ist schon seltsam, permanent im Rampenlicht zu stehen. Ich mag das ja auch und kann das, doch wenn es im geschäftlichen Bereich ist, gehe ich damit sehr respektvoll um. Wie sagt man so schön „Neid muss man sich erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt“. Mir ist immer am Teamerfolg gelegen, doch meine Chefin sagt dann: „Nein, das ist dein Erfolg! Das darfst du dir jetzt auch einmal gönnen, das musst du leben. Das hast du geschafft, du hast den Turnaround hinbekommen, du hast dir ein neues Aufgabenfeld gesucht, weil du wusstest, dass dir ein großer Anteil deiner Aufgaben wegbricht und du hast dich neu erfunden!“
(*Anmerkung: Anke Viehl ist in ihrer Freizeit engagiert als Vorsitzende eines der größten Frankfurter Karnevalsvereine, dem CCL Laternche e.V.)
Erstaunlich, alle wollen jetzt auf einmal Podcasts. Wir sind ständig am Produzieren und das macht auch richtig Spaß. Sie sagen, sie wollen Gehör finden. Einen Podcast kann man ja auch runterladen und mitnehmen zum Laufen, oder beim Autofahren zum Beispiel. Jetzt haben wir unser erstes Themenspecial zum Thema E-Mobilität mit dem Vertrieb zusammen aufgenommen, um die Kolleg*innen intern mehr zu informieren.
In den Themenspecials starten wir jetzt mit Schwerpunktthemen. Gerade habe ich mit einer Kollegin der Schwerbehindertenvertretung gesprochen. Wir planen jetzt einen Podcast für Menschen mit Handicap, wollen darüber informieren und neugierig machen.
Wie zuversichtlich sind Sie und das Management, dass diese neue Form der Kommunikation die Mitarbeiter*innen stärken und enger mit dem Unternehmen verbindet? Auch die Mitarbeiter*innen untereinander, wo sehen Sie den Gewinn? Vielleicht gibt es ja bereits ein Feedback von der Geschäftsleitung?
Von der Geschäftsleitung habe ich noch kein Feedback, allerdings von meinem Chef haben wir ein positives Feedback erhalten. Es sind schon verschiedene spannende Projekte in Vorbereitung, aber dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nichts sagen.
Ob die Verbindung im Team untereinander größer wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht sagen. Das Ziel ist, die Menschen zu begeistern, sie mitzureißen und für die Süwag zu gewinnen, weil unser Arbeitgeber wirklich ein super Arbeitgeber ist. Dies haben wir gerade jetzt in der Pandemie feststellen dürfen. Ich glaube jedes Unternehmen hat seine Wehwehchen und jeder hat seine Probleme, doch wir haben uns hier sehr gut abgeholt gefühlt, in vielen Dingen, gerade was die Pandemie angeht.
Ich glaube an den Zusammenhalt, der durch diese Podcasts entsteht, und dass sich die Mitarbeiter noch mehr mit dem Unternehmen identifizieren. Ich würde sagen, die Mitarbeiter, die den Podcasts zuhören, entdecken das eine oder andere bei sich selbst. Ich glaube schon, dass es dazu beitragen wird.
Hat sich diese neue Form des Kennenlernens der Mitarbeiter*innen positiv auf die Zusammenarbeit im Team ausgewirkt?
Mich würde es freuen, wenn es so wäre. In meinem Team, in der Markenkommunikation sind wir zu viert, im gesamten Unternehmen rd. 1800. Ich glaube, es ist noch zu früh für eine Prognose. Wir haben noch Podcasts, die wir vorproduziert haben und ich denke, dass die Mitarbeiter noch sichtbarer werden. Ich weiß von einigen, dass sie angesprochen wurden. Ich weiß auch, dass sie sich stolz gefühlt haben. Mich freut das sehr! Ob sich das Teamverhalten verbessert (hat), kann ich im Moment noch nicht sagen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe dies zu eruieren, aber an sich, ist das Gesehen werden auf jeden Fall eine gute Sache.
Sie haben Ihre „alte“ Arbeit sehr geliebt, was reizt Sie heute an Ihrer „neuen“ Arbeit?
Spaß an der Arbeit habe ich immer. Aber das Privileg, nun etwas zu machen, das mir wahnsinnige Freude bereitet, das ist etwas Besonderes. Es macht mich dankbar. Zudem habe ich andere Arbeiten, die ich ebenfalls als Projekt begleiten darf. Es sind alles Herzensangelegenheiten für mich. Ich drücke es mal so aus, was ich jetzt mache hat mein ganzes Arbeitsfeld verändert. Auch Online-Messen sind neu hinzugekommen, sie stellen eine große Herausforderung dar. Alles ist so neu und beide Seiten, die Messeveranstalter als auch die Messeteilnehmer bewegen sich auf neuem Terrain, doch letztendlich lernen wir alle zusammen.
Natürlich nimmt das Thema Podcast momentan Fahrt auf und es macht mir wahnsinnig viel Freude, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich hoffe einfach inniglich, dass das Thema Messe kurzfristig wieder dazu kommt, dass wir wieder auf die Reise gehen können. Ich bin es gewohnt bei den Menschen zu sein, da ist das drinnen sein doch sehr anstrengend für mich.
Ein Schlusssatz: Wenn Sie zurückblicken auf den März 2020 und sehen diese Entwicklung, was nehmen Sie wahr?
Es ist einmal die Veränderung der Arbeitsbasis, es ist mehr Vertrauen insgesamt im ganzen Unternehmen, möchte ich sagen. Wir sind im ganzen Team miteinander gewachsen. Wir waren vorher alle Einzelkämpfer an breiter Front und haben uns jetzt mehr zusammengeschlossen, das muss man dazu sagen. Auf jeden Fall ein positiver Effekt!
Anke Viehl privat liebt: Sie beginnt ihre Tage gerne positiv, am liebsten mit ihrem Hund im Wald. Sie ist leidenschaftliche Enkelkind- u. Familien–Managerin, liebt Spanien als Reiseland, lacht gerne und sie ist ein durchaus positiv grundgestimmter Mensch!
Vielen Dank Anke Viehl für dieses offene und interessante Interview!
Das Interview führte: Pia Forkheim – Business Coach und IDOGO Achtsamkeitstrainerin, Oestrich-Winkel, Rheingau
Ein wirklich schönes Interview zu einem noch schöneren Thema: Wertschätzung und Anerkennung im Job. Die Transparenz der Aufgaben und Tätigkeiten schafft mit Sicherheit mehr Nähe zwischen Mitarbeiter*innen und vermutlich sogar zwischen Abteilungen. So kann gegenseitige Wertschätzung Nährboden finden. Großartig.
Das Interesse am anderen mit Potcasts gleichzeitig zu wecken und zu befriedigen, um in Kommunikation zu kommen und „Verstehen“ als Voraussetzung für Anerkennung und Wertschätzung zu leben, finde ich richtig gut.
Rolf-Christian Rau
Vielen Dank für diese schönen Feedbackzeilen für Anke Viehl und mich, lieber Rolf-Christian Rau 🙂 Vielleicht wissen die Menschen noch gar nicht, welches Potenzial sich hinter diesen Podcasts leise entwickelt.