Auf dem Foto sieht man den Blick aus dem Zimmerfenster Kloster Esthal

Warum Kloster und Bildung gut zusammenpassen

Auf dem Foto sieht man den Blick aus dem Zimmerfenster Kloster Esthal

Meine Woche im Kloster

Mein Gepäck ist auf das Notwendigste reduziert. Ich will herausfinden, was und wieviel ich tatsächlich brauche. Ein Buch, einen Block, ein paar Klamotten. Notfalls wasche ich etwas im Handwaschbecken, so wie meine Mutter früher auch. Ich fahre bei strahlendem Sonnenschein durch die Pfalz und komme am Nachmittag im Kloster an. Das große Eisentor ist nur angelehnt, so dass ich ungehindert hindurchgehen kann. Alles ist still und friedlich. Keine Menschenseele ist zu sehen. Vorsichtig drücke ich die Klingel an der alten Eichentür, doch es öffnet mir niemand.

Foto: Pia Forkheim, Kloster Esthal/Pfalz:

Ein Gast im Park nimmt mich mit und schleust mich durch den Hintereingang zur Pforte. Schwester Marie-Edith begrüßt mich sehr herzlich, erledigt schnell die notwendigen Formalitäten und zeigt mir mein Zimmer. Ehrfürchtig laufe ich an ihrer Seite die frisch gebohnerten Gänge entlang. Auf dem Weg plaudern wir nett und sie zeigt mir den Frühstücksraum, den Seminarraum, die Duschen und Toiletten auf dem Gang und mein Zimmer „Veronika“. Der Name der Heiligen bedeutet die „Sieg Bringende“. Was will mir das jetzt sagen, überlege ich.

Es ist zweckmäßig mit einem Bett, einem Tisch, einem Stuhl, einem Schrank und einem Waschbecken ausgestattet und natürlich einem Bild von Veronika an der Wand. Gummibärchen auf dem Kopfkissen gibt es keine, dafür eine Bibel. Im Spätsommer sind die Temperaturen nochmal auf über 30 Grad geklettert. Es ist brütend heiß in meiner Dachkammer und die Galloways auf der Weide scheinen sich in Meditation zu üben. Ich lasse mich erschöpft aufs Bett fallen.

Der Wald ist voller Schätze

Wir sind zehn. Acht Frauen und zwei Männer. Selbständige, Kindergärtnerin, Staatsanwältin, Führungskräfte, öffentlicher Dienst, Personalmanagement (HR), eine Wein-Fachfrau,  eine Stewardess, also eine bunt gemischte Gruppe. Wir verstehen uns auf Anhieb ausgesprochen gut und gehen sehr offen und wertschätzend miteinander um. Zwei Trainerinnen begleiten uns durch die Woche, jede 2,5 Tage. Ich habe „Waldbaden“ gebucht.

Seerosen im Teich

Foto: Pia Forkheim

Wir erfahren einiges über Achtsamkeit, Stressreduktion, Ernährung und was Waldbaden mit unserem Körper macht. Bevor wir uns versehen, stehen wir mitten im Wald. Wer will bei diesem brillanten Wetter schon seine Zeit im Seminarraum verbringen? Wir gehen schweigend, sammeln Waldschätze, entdecken Waldfarben neu, wecken das Qi in uns, erkennen Zusammenhänge aus der Natur, schnuppern Terpene, fassen Bäume an und spüren den Unterschied, schauen den Buchen tief in die Augen, sitzen schweigend an Baumwurzeln und bringen so unseren Sympathikus zum Schweigen. Völlig erschöpft vom Nichtstun freue ich mich aufs Mittagessen und einen Mittagsschlaf. Den brauche ich jetzt, ich leide an Hyperterpenie! Ihr braucht gar nicht nachzuschauen, das Wort gibt es nicht. Eine aus unserer Gruppe hat es kreiert, es bedeutet zu viele Terpene, zu viel frische Luft.

Im Halbschlaf fahre ich einem Karren den Berg hinunter, der von einem Hund gezogen wird. Ich denke, hoffentlich überrolle ich den armen Hund nicht. Danach lenke ich ein Einspänner mit einem Pferd. Langsam ziehe ich die Bremse, das Pferd galoppiert weiter. Ich schneide ein Stück Salami ab und ziehe die Haut über das restliche Stück, um es vor dem Austrocknen zu schützen. Wo um Himmels Willen kommen diese Bilder her? Ich habe keinen Hund, kein Pferd und Salami esse ich auch nicht gerne. Vielleicht sollen mir diese rasenden Tiere meine Langsamkeit näher bringen? Oder mich an meine Langsamkeit erinnern?

Füße im Wald

Foto: Pia Forkheim, Waldbaden Gemeinsamkeit

Warum ich es wieder mache…

Um ehrlich zu sein fragte ich mich die ganze Zeit über, warum ich mir dieses Erlebnis nicht schon früher gegönnt habe. Warum habe ich niemals zuvor einen Bildungsurlaub bei der VHS gebucht? Ganz einfach, früher gehörte ich zu der Kategorie Angestellte, die sich nicht trauten. Für mich war es mit Scham besetzt als Einzige im Team so ein Angebot wahrzunehmen. Was denken wohl die Anderen? Dabei hat man einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung zur persönlichen Weiterbildung. Der Arbeitgeber übernimmt den Lohn für die Tage der Freistellung und der Arbeitnehmer die Seminargebühren. Das klingt nach einem fairen Deal! Manchmal zahlt sogar der Arbeitgeber einen Teil der Seminargebühren und kleine Betriebe bekommen Unterstützung bei der Lohnfortzahlung. Viele wissen nicht, dass es derartige Angebote überhaupt gibt!

Ich wurde köstlich bekocht, das Essen ließ keine Wünsche offen. Wenn ich an die lauen Abende auf der Terrasse denke, als wir alle zusammen einen virtuellen Krimi unter Aufsicht der Staatsanwältin texteten, steigt in mir die Sehnsucht auf. Drei Tage habe ich gebraucht, um anzukommen und loszulassen. Der wertvolle Austausch und die Tipps der Trainerinnen haben auch mich wieder erinnern lassen, an Dinge die ich längst vergessen hatte. Die himmlische Stille im Kloster tat mir ausgesprochen gut. Da E-Learning-Programme zum Thema Stressreduktion sowieso nichts für mich sind, war es einfach das Größte, nebenbei noch so viele nette Menschen auf einem Haufen kennenzulernen. Ich habe meine Woche jedenfalls sehr genossen und es war nicht meine letzte, soviel steht fest!

Lust bekommen auf Bildungsurlaub?

Hier geht’s zur Buchung Bildungsurlaub „Achtsamkeit in Beruf und Alltag finden – Eintauchen in die Klosterstille“, Kloster Maria Laach, Link

Hier geht’s zur Buchung Bildungsurlaub „Achtsamkeit in Beruf und Alltag finden – Eintauchen in den Odenwald“, Seminarhotel Odenwald, Link

Beide Bildungsurlaube sind in Hessen anerkannt, Veranstalter ist die Volkshochschule Rheingau-Taunus

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