Kürzlich waren mein Mann und ich zu einem Brunch bei Freunden eingeladen. Unter den Gäste waren Freunde, Nachbarn, die Tochter mit Mann und deren Kinder. Alle wissen, dass ich ganzheitliches Coaching anbiete. So dachte ich mir: So, das ist eine gute Gelegenheit, einen Test mit allen zu machen. Um ehrlich zu sein: ich war daran interessiert, auf diese Weise zu erfahren, ob die Anwesenden einen Hauch von Selbstliebe für sich empfinden. Ich wartete bis alle am Tisch saßen und stellte meine Frage in die Runde: „Wer ist eigentlich der wichtigste Mensch in deinem Leben?“ Alle schauten betroffen um sich. Darüber hatte sich wohl noch niemand so richtig Gedanken gemacht. Der Erste antwortete: „meine Frau“, die nächste „mein Mann“. Es folgten: „meine Enkelkinder“, „meine Eltern“ usw. Nun war die Tochter an der Reihe. Sie bekam noch schnell den Rat: „Sag jetzt ja nichts Falsches!“. Alle lachten und warteten gebannt auf ihre Antwort. Sie zögerte, ich konnte ihre Zweifel deutlich erkennen. Sagt sie jetzt „mein Mann“ oder „meine Kinder“? Die Entscheidung fiel ihr sichtlich schwer. Niemand am ganzen Tisch kam auf die Idee, „ich selbst“ zu antworten. Stattdessen folgten Erklärungen, warum man sich so entschieden hat. Ich hatte den Eindruck, mit am Tisch saßen jede Menge Egoismus Gedanken. Ich kann mich doch nicht selbst als die wichtigste Person nennen, was sollen denn die anderen denken?
Das Blatt wandelt sich
Drei Wochen später, bei den Gesundheitstagen im Nägler’s Fine Lounge Hotel, wo ich einen Workshop zum Thema Achtsamkeitstraining und Stressbewältigung hielt, fragte ich die Teilnehmerinnen ebenso: „Wer ist die wichtigste Person in deinem Leben?“. Erstaunlicherweise antworteten alle „Ich!“. Wow, dachte ich, diese Menschen haben sich offensichtlich bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt, was sich auch im Laufe des Tages immer wieder durch eine intensive Selbstreflexion zeigte. Im anschließenden Meditationskurs konnten sie durch geführte Meditation ihre Achtsamkeit entdecken und kamen ihrem Selbst weiter auf die Spur.
Ohne Rücksicht auf Verluste
Das Wort Egoismus ist in unserer Sprache fast schon tabu, da es häufig mit Selbstsucht übersetzt wird. Ein Mensch, der durch rücksichtsloses Verhalten anderen schadet und überwiegend seine persönlichen Interessen verfolgt. Man könnte auch sagen, er marschiert durchs Leben, ohne Rücksicht auf Verluste. Nehmen wir jedoch die Worte Ich-Bezogenheit oder Eigenliebe, was Egoismus auch bedeutet, schwächt sich die Power, die hinter diesem Wort steht deutlich ab. Die Altruisten (lat. der Andere) sprechen da lieber von Uneigennützigkeit oder von Selbstlosigkeit. Hier steht das Erlangen des eigenen Wohls im Vordergrund. Wieso soll es also falsch sein, sich selbst einen hohen Wert einzuräumen? In Life Coachings erlebe ich öfter, dass Menschen ihre Eigenliebe, ihren Selbstwert, nicht wirklich leben. Zuerst kommt die pflegebedürftige Mutter, dann das Kind, dann der Mann, dann der Hund und dann lange nichts, weil es ja noch tausend andere wichtige Dinge gibt, und am Schluss sich selbst. Doch was tun? Es ist ein Prozess, der sich langsam wandeln darf. Nur, wenn es gelingt, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, werden sich Glück und Selbstbestimmtheit im Leben einstellen. Die pflegebedürftige Mutter wird irgendwann die Erde verlassen. Das Kind wird irgendwann erwachsen sein. Ehemann/Ehefrau verfolgen eigene Pläne, mit denen sie sich ihre Bedürfnisse erfüllen, sogar der Hund wird irgendwann nicht mehr da sein. Fragen Sie sich, was bleibt am Ende noch übrig, wenn ich mich selbst nicht so wichtig nehme.
Wie Sie in Ihr persönliches Wachstum investieren
11 Tipps um sich selbst als die wichtigste Person erkennen:
- Finden Sie heraus, welche Werte in Ihrem Leben „wertvoll“ sind.
- Finden Sie heraus, welche „Bedürfnisse“ Ihnen wichtig sind.
- Lernen Sie, achtsam mit sich selbst zu sein. Wenn Sie eine Pause brauchen, nehmen Sie sich diese! Erkennen Sie die Zeichen, wenn Sie sich gerade mal wieder selbst verlassen.
- Finden Sie Unterstützer! Sie helfen Ihnen, das Leben leichter zu nehmen. Ihre Mutter oder Ihre Schwiegermutter freut sich, wenn sie das Enkelkind einmal für ein paar Stunden beaufsichtigen kann, während Sie mit Ihrer Freundin einen Stadtbummel machen oder joggen gehen. Finden Sie einen Freund oder Nachbarn, der mit Ihrem Hund Gassi geht, so lange Sie mit dem Motorrad entspannt ins Grüne fahren. Finden Sie eine Tagespflege für Ihre hilfsbedürftige Mutter, oder einen Seniorenbegleiter, der so lange auf Ihre Mutter aufpasst, während Sie einen Tag entspannt in der Sauna verbringen.
- Erkennen Sie Ihren Selbstwert, indem Sie immer wieder hinschauen, und herausfinden was ist mir wichtig im Leben? Natürlich sollen Sie Ihr Kind, Ihren Mann, Ihre Mutter, Ihren Hund lieben, doch vergessen Sie nicht, wenn Sie ständig Ihre eigenen Grenzen überschreiten, halten Sie das nicht lange durch!
- Finden Sie nicht ständig Ausreden, warum irgendwas irgendwie nicht gehen kann!
- Sind Sie mutig! Raus aus der Komfortzone hinein ins eigene Selbst!
- Lernen Sie, dankbar zu sein! Dankbar für alles, was Sie besitzen, was Sie sind, was Sie erschaffen haben. Immer wieder, am besten jeden Tag.
- Verwechseln Sie nicht Spaß mit Glück! Wenn Sie bei allem was Sie tun immer nur Spaß haben wollen, laufen Sie Gefahr, am Glück vorbei zu marschieren ohne es zu merken. Ein Beispiel, wenn Sie in einer Situation (beruflich oder privat) aus dem Wege gehen, weil sie gerade etwas anstrengend ist und Sie den Spaßfaktor nicht erkennen, schauen Sie das nächste Mal etwas genauer hin. Vielleicht gibt es neue Erfahrungen zu machen oder neue Menschen kennenzulernen. Oder Sie lernen, wie man Verhandlungen geschickter führen kann, was auch immer. Hier liegt das wahre Glück versteckt!
- Durchbrechen Sie den Teufelskreis! Lassen Sie das Zwanghafte „Ich muss…“, die Selbstlimitierung „Ich kann nicht…“ und lassen Sie sich nicht dauerhaft von Fremdbestimmung leiten, TV, Facebook, Twitter, Instagram, u.a..
- Erkennen Sie Ihre Energieräuber! Anerkennung und Wertschätzung von anderen zu erhalten, um selbst zu überleben, lässt Sie schnell aushungern, wenn die Anderen wegbrechen. Außerdem ist es furchtbar anstrengend!
Wie Sie sehen, hängt mit der Frage „Wer ist die wichtigste Person in deinem Leben?“ einiges zusammen. Doch es lohnt sich! Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei zu erkennen, dass Sie selbst die wichtigste Person in Ihrem Leben sind!
Ihre Pia Forkheim
[Foto: Pia Forkheim]